114…

…so lautet die Auflösung des Preisrätsels. Zumindest sind es so viele Lieder, die ich bewusst in den Tagesbericht Nummer 68 integriert habe. Nicht nur die Songs selbst sind mehr oder weniger gut – sondern sie sind auch mehr oder weniger gut versteckt.
Und ihr, ihr seid wirklich eine tolle und mitdenkende Lesergemeinschaft: Denn ihr scheint zu wissen, dass ich nicht allzu viel Zeit habe – und indem ich nur eine Antwort erhalten habe, erspart ihr mir die lästige Aufgabe, Lösungsvorschläge miteinander zu vergleichen.

Meine Lösung gibt es (in der Gewissheit, dass sich sicher noch weitere Titel in dem Text verstecken) Absatz für Absatz nachfolgend:

Mit Fieber Sport zu treiben, ist ein bisschen wie Russisches Roulette – es gibt keine zweite Chance. Deshalb war ich heute mal ein ganz weiser Mann: „Lass es sein, Timo. Relaxe, nimm es leicht“, sagte ich mir. „Denn an Tagen wie diesen macht es für dich und David, deinen Reisepartner, einfach keinen Sinn, wie Gladiatoren in die Pedale zu treten.“
Natürlich gibt es immer einen Teil von dir, der sagt:
„Halt’s Maul und fahr!“, weil er es einfach nicht abwarten kann. „Vergesst die Zeit nicht“, redet er dir ins Gewissen, „denn es ist langsam wieder Zeit, dass sich was dreht.“
Und wenn die Passion zum Radsport, wenn also die Liebe die Regie übernimmt, ist es enorm schwierig, standhaft zu bleiben – und zu sagen: „No no never!“ Doch ich blieb standhaft, um mich so noch einen weiteren Tag rehabilitieren zu können. Und ich war irgendwie stolz auf meine Standhaftigkeit – zwar fühlte ich mich nicht wie ein Superstar oder der Größte der Welt – aber stolz, das muss ich zugeben, war ich schon.

Fieber
Russian Roulette
Second Chance
Wiseman
Let it be
Relax, take it easy
An Tagen wie diesen
Wie Gladiatoren
Part of me
Shut up and drive
Remember the time
Zeit, dass sich was dreht
When Love takes over
No no never
Rehab
Superstar
The World’s Greatest

Solch eine Entscheidungen zu treffen, fällt natürlich leichter, wenn man sich fühlt wie ich im Moment: Mein Kopf dreht sich im Kreis als hätte ich einen Hangover. Meine Nase läuft permanent. Und in der Nacht hatte sie immer wieder und immer weiter geblutet – und dies ist nur ein Zeichen von vielen dafür, wie ich mich derzeit fühle. Egal in welchen der beiden Spiegel in meinem Schlafzimmer ich blickte, es schaute eine Form von Elend zurück. Zudem begann ich zu realisieren, dass ich auf meinem wässrigen rechten Auge weine. „Warum weinen?“, fragte ich mich in der Gewissheit, dass Tränen nicht lügen.

Spinning around
Hangover
Run
Keep bleeding/ Bleeding love
Sign
Mirrors
In my Bedroom
Misery
Cry
Why Cry
Tränen lügen nicht

Verantwortlich für meine Erkältung sind sicher auch die Wechsel zwischen heiß und kalt – Tage mit 36 Grad einerseits und demgegenüber Zeltnächte, die eiskalt waren, andererseits. Vielleicht hat mir auch einfach die letzte Woche, in der ein endloser Sommer – ein heißer Sommer wie in Afrika – herrschte, zugesetzt.
„Was hat die Zeit mit uns gemacht“, fragte ich mich in Anbetracht meines Zustandes. Doch spätestens, wenn ich wieder nach Hause komme, werde ich gesund sein!

Hot an‘ Cold
36 Grad
Eiskalt
Endless Summer
Hot Summer
Africa
Was hat die Zeit mit uns gemacht?
Coming Home

Dessen bin ich mir so sicher, weil ich das große Glück habe, jetzt gerade hier zu sein, in der Seniorenresidenz in Portland.
Denn ich werde hier von allen fürsorglich behandelt und fühle ich mich wie im Himmel auf Erden. Zu wissen, dass all diese liebevollen Menschen bald die – wenn man das so ausdrücken will – Treppe in den Himmel besteigen werden, bricht mir irgendwo das Herz. Jeder ist ein Gewinner, der hier leben darf – wenn ihr mich fragt. Denn permanent bekommt man zu spüren: „Du bist nicht allein!“  Allein das ist großartig. Man muss offenbar nicht den Lebensstil der Reichen und Schönen nachahmen, um glücklich zu werden.
Auch das Essen hier ist der Hamma. Leider geil ist auch das Dessertbuffet, das meine hungrigen Augen erfreute – denn meine Lippen mögen Zucker.
Während des Essens unterhielt ich mich mit einer amerikanischen Frau: Hinter blauen Augen verbarg sich zwar kein Supergirl, aber eine interessante Geprächspartnerin allemal.

Glück
Right here
Stairway to heaven
Break my heart
Everyone’s a winner
Allein Allein
Obvious
Lifestyle of the Rich and the Famous
Hamma
Leider Geil
Hungry Eyes
My lips like Sugar
Behind Blue Eyes
Supergirl

Am Nachmittag ließ ich mich dann auf Doktorspiele ein – nicht, um mein schweres Kreuz behandeln zu lassen, sondern Nase und Rachen.
„So, was ist? Befreist du mich von meiner Erkältung?“, fragte ich.
Der Doktor sang nun wahrlich kein Liebeslied auf meine Gesundheit. Ich fürchtete mich davor, dass er etwas sagen würde wie: „Ach, komm, bring ihn heim!“
Doch das sollte zum Glück nicht mehr als eine Befürchtung bleiben. Statt dessen sagte der Spezialist:
„Ich glaube dir: Nicht Sport treiben zu können, muss für dich ein Graus sein. Ohne dich von deinen süßen Träumen der Amerika-Querung abbringen zu wollen, finde ich dennoch: Du solltest im Zweifelsfall auch noch morgen ruhen.“
Ferner riet mir der Doktor, viel zu trinken – womit er mich realisieren ließ: „Das Leben ist wie eine Blume – Wasser und Liebe ist alles was wir brauchen.“
Kurz bevor der Arzt „Goodbye“ sagte, machte uns der gute Mensch sogar noch ein Kompliment zu unserer USA-Querung, die offenbar einen Hauch von Grenzenlosigkeit verkörpert. Ich fühle mich gut in dem Wissen, dass das metaphorische Pflaster – die Medizin – mir helfen wird, gesund zu werden, und möchte gern „Danke“ sagen.

In the Afternoon
Doktorspiele
Heavy Cross
So what?
Release me
Kein Liebeslied
Komm bring ihn heim
I don’t believe you
Without You
Sweet dreams
Life is a flower
Liebe ist (alles was wir brauchen)
Goodbye
Mensch
Ein Kompliment
Infinity
Pflaster
Danke

Es war ein Feuerwerk voller Kristallkugeln, das den Vorabend hatte länger werden lassen als erwartet. Der Nationalfeiertag zeigte sich dafür verantwortlich, dass der Nachthimmel leuchtete wie das Auge eines Tigers. Weil das Feuerwerk Meilen weit entfernt war, fuhren wir, um es besser sehen zu können, in den 24. Stock, in das Dachgeschoss von unserem Haus. Am See oder am Meer finde ich Feuerwerke prinzipiell am schönsten. Dem Spektakel, wie hier, am Fluss folgen, am Columbia River, hat aber auch etwas. Vor allem, wenn man Zeuge davon wird, wie Boote in die Dunkelheit fortsegeln – rote Segelboote, weiße, gelbe – U-Boote habe ich indes nicht gesehen.
Allenthalben war Glitzer in der Luft, das stark an Glühwürmer erinnerte. Dazu gesellte sich rotes Feuerwerk, das flackerte wie Fackeln im Wind – umrungen von Pfeiftönen und vielen wehenden Flaggen Amerikas.
Welche chemischen Reaktionen für dieses Farbspektakel verantwortlich sind, weiß ich nicht – Magnesium spielt meines Wissens nach beim Grün eine Rolle, und Titanium vielleicht anderswo?
Jedenfalls erlebten wir ein irgendwie elektrisches Gefühl und waren sprachlos, weil wir uns bei diesem „Wunder“ fühlten, als wenn wir eine Nacht in Bangkok erlebten.

Feuer
Chrystal Ball
Eye of the Tiger
Miles away
Rooftop
Haus am See
Follow Rivers
Sail away
Yellow Submarine
Glitter in the Air
Fireflies
Fackeln im Wind
Whistle
Waving Flag
Amerika
Titanium
Elektrisches Gefühl
Speechless
Miracle
One Night in Bangkok

Insgesamt bin ich ungemein froh, mit meiner Erkältung die Schiene „Lass es liebe(r) sein“ zu fahren.
Auch wenn ich mich morgen so gut fühle, dass ich denke: „Ich glaube ich kann fliegen“, werde ich mich sputen und nicht übertreiben, um sicher zu stellen, dass mein Körper sich  vollständig heilt. Die Welt sieht dann schon bald besser aus, da bin ich mir sicher.
Übertreibt man in einer Situation wie meiner hingegen, dann kann man tickende Uhren danach stellen, wie es abwärts gehen wird. Und schließlich wollen David und ich ja kein Lied vom Scheitern singen oder ein Boulevard der zerbrochenen Träume eröffnen.
Nur in einem einzigen Fall wäre es schlauer gewesen, gestern und heute zu fahren, anstatt zu pausieren: Wenn morgen niemals kommt und heute mein letzter Tag wäre, dann hätte ich wohl besser daran getan, schnellstmöglich den Pazifik zu erreichen.

I believe I can fly
Heal the World
Ticking clocks
Going down
If tommorow never comes
If today was your last day
Lied vom Scheitern
Boulevard of Broken Dreams

Ich habe ein Gefühl, das mir sagt: „Morgen ist sie weg, die Erkältung!“ Es ist in gutes Gefühl, dass ich dann mein Rad, die schwarze Perle, wieder über den Asphalt werde führen können.
Dann heißt es nach zwei Ruhetagen endlich: Weitermarschieren! Maximal 100 Stunden sind es noch, dann haben wir die mehreren tausend Meilen besiegt und dürfen „We are the Champions“ singen.
Ich mag die Vorstellung vom Tripende einerseits, andererseits aber auch nicht: Dieser Weg war nämlich einfach wunderschön – ein wirklich gutes Ding. Doch alle guten Dinge kommen zu einem Ende, heißt es.

I’ve got a Feeling
Feel
She’s gone
Black Pearl
Marching on
Thousand Miles
We are the Champions
Dieser Weg
Ding
All good things come to an end

„Bist du bereit, es zu fahren, dein Rad?“, werde ich mich morgen früh fragen müssen. Und lautete die Antwort „Nein“, dann werde ich einfach noch einen weiteren Tag pausieren. Doch glaubt ja nicht, dass ich die Empfehlung der Dame von neulich beherzigen und mit dem Zug zur Küste fahren werde. Denn: Nichts bringt mich runter von meinem Sattel – wenngleich ich gestehen muss, dass der Flow derzeit ein bisschen zerstört ist.
Keinesfalls jedoch werde ich morgen früh leichtfertig handeln und die Welt durch die Augen eines Kindes sehen. Vielmehr werde ich meine Entscheidung, ob zu fahren sinnvoll ist, in dem Wissen fällen, dass Sport bei Fieber ein Balanceakt ist, in dem optimale Kompromisse gefunden werden müssen.

Are you ready
Nichts bring mich runter
Flow
Through the eyes of a child
Kompromisse

Der Vierzeiler des Tages:
Sollten einige Sätze selbstverliebt klingen,
so ist dies nicht auf einen Sinneswandel zurückzuführen,
(denn ich hasse nach wie vor, jegliche Arroganz zu spüren),
sondern auf mein Bedürfnis, viele Songtitel einzubringen.

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